Kilidsch-Arslan I.                             Sultan der Rum-Seldschuken (1092-1107)
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Juni 1107

Sohn des Sultans in Kleinasien Suleiman I.

Lexikon des Mittelalters: Band VII Spalte 346
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Qilic Arslan I., Sultan der Rumselguqen 1092-1107
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1107 gefallen

Sohn des Süleyman ibn Kutlumus, des ersten selguqischen Statthalters in Kleinasien, der sich nach dem Sieg bei Mantzikert (1071) in Nikaia (Iznik) etabliert hatte. Im Verlauf der heftigen Auseinandersetzungen zwischen den verschiedenen Machthabern in Anatolien kam Süleyman 1086 bei Antiochia um, während Qilic Arslan als Geisel an den Bagdader Hof des Sultans der SELGUQEN, Maliksah, gebracht wurde. 1092 konnte Qilic Arslan I. nach Nikaia zurückkehren und wurde von den Türken als Nachfolger des Vaters anerkannt. Er vernichtete die ungeordneten Kreuzfahrerscharen Peters des Eremiten (1096), wurde dann aber von den Baronen des regulären Kreuzheeres aus Nikaia vertrieben und verlegte seine Residenz 1097 nach Ikonion (Konya). Gemeinsam mit anderen türkischen Herren schlug er 1100-01 vernichtend ein Kreuzheer und verbündete sich später mit den Byzantinern gegen den Normannen-Fürsten Bohemund von Tarent. Er fiel im Kampf gegen konkurrierende Muslime in der Nähe des Flusses Habur (nördlich Syrien).

E.A. Zachariadou

BERTELSMANN Lexikon Geschichte: Seite 465
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Kylydsch-Arslan I., Kilidsch Arslan, Kilic Arslan, Seldschuken-Fürst 1092-1108
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1108

Schuf im östlichen Kleinasien um 1092 das Fürstentum Rum. Seine Nachfolger herrschten in Konya bis 1307.

Kilidsch-Arslan I. wurde am 21.5.1097 beim Versuch, Nikäa zu entsetzen von den Kreuzfahreren geschlagen und erlitt noch eine zweite Niederlage bei Dorylaion (1.7.1097). Im Juli 1101 vernichtete er bei Merzifan ein Kreuzfahrerheer, das Bohemund von Antiochia befreien wollte.

Mayer, Hans Eberhard: Seite 12
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"Geschichte der Kreuzzüge"

Kaiser Alexios Komnenos führte 1092 eine Einigung mit Qilidsch Arslan (1092-1107) herbei. Als das großseldschukische Reich nach dem Tode Malik Schahs (1092) zerfiel, übernahm Qilidsch Arslan aus der Erbmasse Teile Anatoliens, aus denen sich allmählich das rumseldschukische Sultanat von Ikonium (Rum = [Ost]-Rom) bildete. Der Vertrag mit Alexios gab diesem zunächst Ruhe vor seldschukischen Angriffen und erlaubte dem Sultan, seine Stellung in Kleinasien zu konsolidieren.
Das Ziel der Kreuzfahrer war 1097 Nicaea, die Hauptstadt des Seldschuken-Sultans Qilidsch Arslan. In der Stadt befand sich nicht nur der seldschukische Staatsschatz, sondern auch die Familie Qilidsch Arslans, der selbst im Osten sich mit den DANISCHMENDIDEN, einer ostanatolischen Turkmenen-Dynastie, um den Besitz von Melitene im westlichen Anatolien stritt, das für ihn das Durchgangstor zum seldschukischen Hinterland im Irak und in Persien war. Die Kreuzfahrer nahm er nach den Erfahrungen mit den Haufen Peters des Einsiedlers offenbar nicht ernst. Als ihm die Bedrohung klar wurde und er zurückkehrte, war es zu spät. Er konnte die Stadt nicht mehr betreten, wurde in offener Feldschlacht am 21. Mai 1097 von den Kreuzfahrern besiegt und zog ab. Am 30. Juni unterlag Qilidsch Arslan den Kreuzfahrern bei Doryläum erneut. Der Sultan floh und mit ihm in kopfloser Panik sein Heer. Das türkische Lager mit seinen Prunkzelten und seiner reichen Beute fiel den Kreuzfahrern in die Hände.
Mitte Julli 1101 besiegte das vereinigte türkische Heer des Sultans Qilidsch, der DANISCHMENDIDEN und Ridwans von Aleppo östlich des Halys unweit von Merzifon ein Kreuzfahrerheer, das Bohemund von Antiochia aus seinem Gefängnis in Neocaesarea in Pontos befreien wollte, in einer mehrtägigen Schlacht und rieb es völlig auf.

Norwich John Julius: Seite 41,60
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"Byzanz. Der Aufstieg des oströmischen Reiches."

Doch damit war Chaka keineswegs besiegt. Er hätte sicherlich erneut angegriffen, wäre er nicht 1092 von seinem Sultan Kilidsch Arslan während eines Banketts ermordet worden.
Die türkische Streitmacht unter dem gemeinsamen Oberbefehl des SELDSCHUKEN-Sultans Kilidsch Arslan und des DANISCHMENDIDEN Malik Ghazi wartete ein paar Tage, bis sie völlig entkräftet waren und schlugen dann zu. Die christliche Reiterei staob auseinander und floh; Fußsoldaten und Troß wurden erschlagen oder gefangegenommen. Wilhelm von Nevers, sein Bruder und eine kleine Schar Rittersleute konnte entkommen.
Den Zug aus Aquitanien und Bayern scheint ein ganz ähnliches Schicksal ereilt zu haben. Auch diese Kreuzfahrer fanden vergiftete Brunnen vor und mußten Durst leiden; aber im Unterschied zum Heer um Wilhelm von Nevers fanden sie in der Nähe von Heraklea einen Fluß. Leider hatten ihre Feinde gerade darauf gewartet. Sie hatten sich kaum in das willkommene Naß gestürzt, da schossen die türkischen Verbände auch schon einen Pfeilgahel aus dem Hinterhalt auf sie ab. Wie üblich kamen die Anführer mit dem Leben davon, weil sie schnellere - oder überhaupt - Pferde besaßen.

Runciman, Steven: Seite 77,167-173,174-176,178,327,336-342,350-351,361,418-419,445
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"Geschichte der Kreuzzüge"

Im Jahr 1092 gelang es Malik-Schah, Abu'l Kasim durch den Sohn Suleimans, Kilidsch Arslan I., zu ersetzen.
Der Augenblick war gut gewählt; denn der SELDSCHUKEN-Sultan Kilidsch-Arslan I. befand sich an seiner Ostgrenze, wo er sich mit den DANISCHMANDIDEN-Fürsten um die Oberhoheit über Melitene stritt. Im festen Glauben, daß die Kreuzfahrer niemals bis Nikäa vordringen würden, hatte er seine Gemahlin und seine Kinder sowie seine gesamten Schätze in den Mauern der Stadt zurückgelassen. Erst als er Nachricht von der Zusammenziehung feindlicher Streitkräfte in Pelekanon erhielt, sandte er eilends einen Teil seines Heeres zurück nach Westen und folgte selbst nach, sobald er seine Angelegenheiten im Osten hatte ordnen können. Seine Truppen trafen zu spät ein, um den Vormarsch der Kreuzfahrer auf Nikäa noch stören zu können.
Die Behandlung, welche der Kaiser seinen türkischen Gefangenen zuteil werden ließ, empörte die Kreuzritter. Den Hofbeamten und Befehlshabern wurde gestattet, sich freizukaufen, während die Sultanin, die Tochter des Emirs Tschaka, mit königlichen Ehren in Konstantinopel empfangen wurde, wo sie verbleiben sollte, bis Nachricht von ihrem Gatten eintraf, an welchem Ort er sie in Empfang zu nehmen wünsche. Sodann sollte sie mit ihren Kindern ohne Lösegeld zu ihm geschickt werden.
Sultan Kilidsch Arslan hatte sich nach dem mißlungenen Entsatz Nikäas ostwärts zurückgezogen, um seine Streitkräfte neu zu sammeln und mit dem DANISCHMANDIDEN-Emiren Frieden und ein Bündnis gegen diese neue Bedrohung zu schließen. Der Verlust Nikäas hatte ihn tief bestürzt; und der Verlust seines dortigen Goldschatzes war ein schwerer Schlag gewesen. Aber die Türken waren im tiefen Herzen noch immer Nomaden. Des Sultans eigentliche Hauptstadt war sein Zelt.
Das heutige Konya hatte sich dreizehn Jahre lang in türkischen Händen befunden; und Kilidsch Arslan sollte es in Kürze zu seiner Hauptstadt machen.
Das Oberhaupt des jüngsten Zweiges der SELDSCHUKEN-Dynastie, der anatolische Malik Kilidsch Arslan, der sich selbst zum Sultan erhoben hatte, war in diesem Augenblick in wenig besserer Lage als sein Vetter. Der Erste Kreuzzug hatte ihn seiner Hauptstadt Nikäa und des größten Teils seiner Schätze beraubt, die auf dem Schlachtfeld von Doryläon (1. Juli 1097) verloren gegangen waren. Ein ansehnlicher Teil des Landes, das ihm unterstand, war in byzantinische Hände zurückgelangt. Er stand mit den SELDSCHUKEN des Ostens, deren Oberhoheit anzuerkennen er sich weigerte, auf schlechtem Fuß. Aber die turmenischen Einwanderer nach Anatolien ermöglichten ihm den Wiederaufbau seines Heeres und brachten ihm eine Bevölkerung, welche die Christen schrittweise hinausdrängen würde.
Dem Emir war bereits vom Kaiser Alexios die große Summe von 260.000 Byzantii für die Rückgabe Bohemunds geboten worden, und er hätte das Angebot angenommen, wenn nicht der SELDSCHUKEN-Sultan Kilidsch Arslan davon Wind bekommen hätte. Als anerkannter Oberlehnsherr der anatolischen Türken verlangte Kilidsch Arslan die Hälfte jedweden Lösegeldes, das der DANISCHMANDIDEN-Emir erhalten würde Das Zerwürfnis zwischen den beiden türkischen Fürsten, das hieraus folgte, verhinderte die sofortige Annahme des kaiserlichen Angebotes, diente aber dem nützlichen Zweck, ihr Bündnis zu sprengen.
Um Dyrrhachion zu retten, war Alexios bereit, seine Südostgrenze zu opfern; er schloß folglich Frieden mit dem SELDSCHUKEN-Sultan Kilidsch Arslan, von dem er Soldtruppen anwarb.
Sangurs Jugend und Unerfahrenheit verleiteten Kilidsch Arslan, welcher kürzlich mit Byzanz Frieden geschlossen hatte, sich nach Osten zu wenden und Melitene anzugreifen, das er im Herbst 1106 eroberte. Sodann legte er es darauf an, seinem selbstverliehenen Sultanstitel in der ganzen türkischen Welt Anerkennung zuverschaffen, und war bereit, mit jedwedem Freundschaft zu schließen, der ihm hierin gefällig war.
Kilidsch Arslan, der soeben Melitene an sich gebracht hatte, unternahm inzwischen seinerseits einen Anschlag auf Edessa; aber da er es zu stark verteidigt fand, zog er nach Harran weiter, das Dschekermischs Truppen ihm auslieferten. Es war offenkundig, daß die SELDSCHUKEN von Rum es darauf anlegten, ihre Macht in der mohammedanischen Welt auf Kosten ihrer persischen Vettern zu erweitern. Die Bewohner von Mossul, denen Dschekermisch ein volkstümlicher Herrscher gewesen, riefen unverzüglich seinen jungen Sohn Zengi zum Atabeg aus, wärend Freunde außerhalb der Stadt Kilidsch Arslan zu Hilfe riefen. Dschauali hielt es für angezeigt, den Rückzug anzutreten, insbesondere da Dschekermisch, den er als Faustpfand zu verwenden gehofft hatte, ihm plötzlich unter den Händen starb. Mossul öffnete Kilidsch Arslan die Tore, und dieser versprach, die Freiheit der Stadt zu achten.
Dschauali setzte sich im Tal des Euphrat fest und trat von dort aus in Verhandlungen mit Ridwan von Aleppo ein. Sie einigten sich darauf, vorerst Kilidsch Arslan zu verdrängen und sodann gemeinsam Antiochia anzugreifen. Im Juni 1107 führten sie viertausend Mann gegen Mossul. Kilidsch Arslan, der sich weit von seiner Heimat befand, hatte ein noch kleineres Heer, kam aber dennoch hervor, um den Verbündeten an den Ufern des Flusses Khabar entgegenzutreten. Trotz seiner persönlichen Tapferkeit wurde er vernichtend geschlagen und kam selbst bei der Flucht über den Fluß ums Leben.
Die Beseitgung Kilidsch Arslans wirkte sich auf die gesamte Welt des Ostens aus. Sie befreite Byzanz von einer möglichen Gefahr im entscheidenen Augenblick, da Bohemund sich anschickte, den Balkan anzugreifen; sie ermöglichte es dem SELDSCHUKEN-Sultanat in Persien, sich noch fast ein ganzes Jahrhundert lang zu halten; und sie war der erste Schritt zur Abtrennung des anatolischen Türken von ihren weiter östlich ansässigen Brüdern. Im Augenblick beraubte sie das mohammedanische Syrien der einzigen Kraft, die fähig gewesen wäre, es zu einigen.

Der Tod Kilidsch Arslans im Jahr 1107 hatte Anatolien in unsicherer Lage zurückgelassen. Sein ältester Sohn Malik Schah war in der Schlacht am Khabar in Gefangenschaft geraten und befand sich jetzt in der Macht des Sultans Mohammed. Seine Witwe bemächtigte sich Melitenes und der östlichen Provinzen, um sie ihrem jüngsten Sohn Toghrul zu sichern. Mas'ud, der dritte Sohn, lebte am DANISCHMANDIDEN-Hof, während ein vierter Sohn namens Arab anscheinend in Konya saß. Sultan Mohammed, der fürchtete, Mas'ud oder Toghrul könne das ganze Erbe an sich reißen, erhöhte die Verwirrung noch, indem er Malik Schah freiließ, der sich in Konya festsetzte und zum Undank den Titel eines Sultans annahm.




Kinder:

  Malik Schah Sultan der Rum-Seldschuken
           1116

  Toghrul Herrscher von Melitene
       
 

  Mas'ud I. Sultan der Rum-Seldschuken
       
1156

  Arab Sultan der Rum-Seldschuken (1125-1129)
       
um 1130





Literatur:
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BERTELSMANN Lexikon Geschichte 1991 Seite 465 - Mayer, Hans Eberhard: Geschichte der Kreuzzüge, Verlag W. Kohlhammer GmbH 1995 Seite 12 - Norwich John Julius: Byzanz. Der Aufstieg des oströmischen Reiches. Econ Verlag GmbH, Düsseldorf und München 1993 Seite 41,60 - Runciman, Steven: Geschichte der Kreuzzüge, Sonderausgabe in 1 Band Verlag H.C. Beck München 1978, Seite 77,126,167-173,174-176,178, 327,336-342,350-351,361,418-419,445 -