Begraben: Saint-Denis
2. Sohn des Königs Ludwig
IX. der Heilige von Frankreich und der Margarete
von Provence, Tochter von Graf Raimund Berengar V.
Lexikon des Mittelalters: Band VI Spalte 2060
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Philipp III. der Kühne (‚le Hardi‘), König
von Frankreich 25. August 1270-1285
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* 3. April 1245, + 5. Oktober 1285
Schon mit 15 Jahren Thronerbe (nach dem Tode seines älteren
Bruders, 1260), wurde Philipp III. der Kühne,
der einen sanften Charakter hatte, von den starken Persönlichkeiten
des Vaters, Ludwigs des Heiligen, und
der Mutter, Margarete von Provence,
förmlich erdrückt und blieb stets Spielball seiner Entourage.
Er war wenig gebildet, aber sehr fromm und ein tapferer Ritter (seinen
Beinamen erwarb er wohl vor den Mauern von Tunis). Zunächst stand
er unter dem Einfluß seines Favoriten Pierre de La Broce. Doch als
der verwitwete König (seine 1. Gemahlin war Isabella
von Aragon) in 2. Ehe Maria von Brabant
heiratete, forderte diese den Kopf des Günstlings, der 1278 fiel,
und Philipp III. der Kühne wurde
seiner Gemahlin so hörig, wie er es zuvor seiner Mutter gewesen war.
- Nach dem Tode des Vaters in Tunis zum König proklamiert, hattePhilipp
III. der Kühne nach seiner Rückkehr und Königsweihe
(1271) als erstes politisches Problem die Einverleibung der Erbschaft von
Alfons
von Poitiers (Grafschaften Toulouse und Poitou)
durchzuführen. Es erhob sich kein ernsthafter Widerstand, außer
von seiten des Grafen von Foix, der 1272 in der 'Guerre de Foix' bekriegt
wurde. Mehrere Jahre der Verhandlungen mit König
Eduard I. von England mündeten ein in den Vertrag von Amiens
(1279), der die englischen Ansprüche auf das Agenais befriedigte.
Der Comtat Venaissin wurde an Papst Gregor X. abgetreten (1274). Die Krondomäne
wurde erweitert durch den Anfall der Grafschaften Alencon und Perche
aus
dem Erbe Peters, des Bruders des Königs
(1283), sowie der Grafschaften Nemours (1274) und
Chartres (1284),
die käuflich erworben wurden. Der König intervenierte auch in
Navarra; hier hatte Heinrich III. von Champagne
und Navarra eine Tochter, Johanna,
hinterlassen, die unter der Vormundschaft von Blanca
von Artois stand. In Kastilien hatte dagegen der mit Blanca
de Francia verheiratete Fernando de
la Cerda, der ältere Sohn Alfons'
X., zwei Söhne hinterlassen, die von ihrem Onkel Sancho
vom Thron verdrängt wurden. Der König ergriff die Partei der
beiden Witwen: Blanca von Artois verlobte
Johanna mit dem ältesten Sohn des Königs, Philipp
(dem Schönen), während Blanca
de Francia mit ihren Söhnen im Königreich Frankreich
Aufnahme fand. Dagegen gab Philipp III. der Kühne
das Einvernehmen mit Aragon auf, um seinen durch die Sizilianische Vesper
(1282) aus Sizilien vertriebenen Onkel Karl von
Anjou beizustehen. Gegen den nach der Vesper vom Papst exkommunizierten
Peter
III. von Aragon (dessen Königreich nach päpstlichem
Willen an Karl von Valois, den 2. Sohn
Philipps
III., fallen sollte) führte der König den Aragon-Kreuzzug.
Er marschierte in Katalonien ein (Belagerung von Gerona, 26. Juni - 7.
September 1284), mußte aber wegen des Ausbruchs voN Seuchen und des
Mangels an Lebensmittelnachschub den fluchtartigen Rückzug antreten
und starb inmitten des Desasters am 5. Oktober 1285 in Perpignan.
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Philipp III. der Kühne
begleitete seinen Vater auf dessen Zug gegen Tunis und folgte ihm, als
dieser dort starb, in der Regierung. Dieser Monarch war mit seinem Vater
nicht zu vergleichen. Trotz seiner erstklassigen Erziehung war er wenig
energisch und unterlag dem Einfluß seines Ratgebers Pierre de La
Brosse, den er 1278 in Montfaucon hängen ließ, und seiner Gemahlinnen
Isabella
von Aragon und Maria von Brabant.
Immerhin hatte sein Vater unter seiner Herrschaft das Königreich so
weit gefestigt, dass es keinen Schwierigkeiten von außen ausgesetzt
war. Auch während seiner Herrschaft wurde das Gebiet der Krone erweitert,
denn 1271 erbte er von seinem kinderlosen Oheim
Alfons,
Graf von Poitou und Toulouse, fast ganz Languedoc (der Besitz
bestand einerseits aus dem Poitou und der Auvergne als Kronlehen und andererseits
aus dem Toulousain und Agenais, der Grafschaft Rouergue und dem seit 1229
zum Heiligen Stuhl gehörenden Venaissin aus dem Erbe von dessen Schwiegervater).
Den Kronprinzen Philipp vermählte
er 1284 mit Johanna,
Erbin von Champagne
und Navarra, und erwarb so einen Anspruch auf diese Gebiete. Um seinem
Neffen die Erbfolge in Kastilien zu sichern, führte er 1276 einen
erfolglosen Krieg; als Verbündeter Karls
I. von Anjou-Sizilien, seines Oheims, rückte er gegen dessen
Feind Peter III. von Aragon mit wenig
Erfolg vor. Auf dem Rückzug starb er in Perpignan an Erschöpfung.
Während seine Eingeweide in Narbonne beigesetzt wurden, fanden die
Gebeine des Königs ihre letzte Ruhe in St-Denis neben dem Grab seines
Vaters.
Pernoud Regine: Seit 11-29
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"Die Kapetinger" in: Die großen Dynastien
Philipp III. der Kühne (1270-1285)
hatte ein ansehnliches Erbe zusammengetragen. Seine persönliche Domäne
hatte sich um die des Bruders Ludwigs des Heiligen,
Alfons
von Poitiers, und seiner Frau, Johanna von Toulouse, die kinderlos
geblieben waren, vergrößert. Hinzu kam das Erbe seiner Onkel
Jean-Tristan,
Graf von Valois, und
Peter, Graf von
Alencon und Perche; dank einer weitsichtigen Politik konnte
er aich das Vivarais und Lyonnais erwerben. Schließlich veranlaßte
er noch die Heirat seines voraussichtlichen Erben
Philipp IV. mit Johanna,
der Tochter und Alleinebin Navarras und der Champagne. So kam es, dass
die persönliche Domäne des
KAPETINGERS
sich mit der Krondomäne zu durchdringen begann.
28.5.1262
1. oo Isabella von Aragon, Tochter des Königs
Jakob I.
1243-28.1.1271
21.8.1274
2. oo Maria von Brabant, Tochter des Herzogs Heinrich
III.
1256-12.1.1321
Kinder:
1. Ehe
Ludwig
-
1276 ermordet
Angeblich auf Anstiften Marias von Brabant durch Gift beseitigt.
Philipp IV. der Schöne
1268-29.11.1314
Robert
- jung
Karl I. Graf von Valois
12.3.1270-16.12.1325
2. Ehe
Margarete
-14.2.1318
9.9.1299
oo 2. Eduard I. König von England
16.6.1239-7.7.1307
Blanka
1276/85-19.3.1305
Paris Wien
29.5.1300
oo 1. Rudolf III. Herzog von Österreich
um 1282-4.7.1307
Ludwig Graf von Evreux
5.1276-19.5.1319
siehe Ordner Navarra
Literatur:
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Ehlers Joachim: Die Kapetinger. W. Kohlhammer
GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000 Seite 184,187-190,193,201,220,229,243
- Ehlers Joachim: Geschichte Frankreichs im Mittelalter. W. Kohlhammer
GmbH 1987 Seite 167-169,187,194,199 - Ehlers Joachim/Müller
Heribert/Schneidmüller Bernd: Die französischen Könige
des Mittelalters. Von Odo bis Karl VIII. 888-1498. Verlag C. H. Beck München
1996 Seite 176,190,192,194-201,203,252 - Favier, Jean: Frankreich
im Zeitalter der Landesherrschaft 1000-1515. Deutsche Verlagsanstalt Stuttgart
1989 Seite 232,236,248,256,259 - Herde Peter: Karl I. von Anjou.
Verlag W. Kohlhammer Stuttgart Berlin Köln Mainz 1979 Seite 39,41,86-88,106,110
- Kiesewetter, Andreas: Die Anfänge der Regierung König
Karls II. von Anjou (1278-1295). Das Königreich Neapel, die Grafschaft
Provence und der Mittelmeerraum zu Ausgang des 13. Jahrhunderts, Matthiesen
Verlag 1999 Seite 23 A.,35,44,52,55,59-67,69,70 A.,72,73 A.,86,91,93,98,143,157,159
A.,166,171-173,176,496,547 - Le Goff Jacques: Ludwig der Heilige,
Klett-Cotta Stuttgart 2000 Seite 20-894 -
Mexandeau Louis: Die Kapetinger.
Editions Rencontre Lausanne 1969 Seite 420-423
-
Runciman,
Steven: Geschichte der Kreuzzüge, Sonderausgabe in 1 Band Verlag H.C.
Beck München 1978, Seite 1070,1120-1121,1126 - Schnith Karl:
Frauen des Mittelalters in Lebensbildern. Verlag Styria Graz Wien Köln
1997 Seite 273,287 - Treffer Gerd: Die französischen Königinnen.
Von Bertrada bis Marie Antoinette (8.-18. Jahrhundert) Verlag Friedrich
Pustet Regensburg 1996 Seite 132, 134,138,161,164,178,192 - Vones
Ludwig: Geschichte der Iberischen Halbinsel im Mittelalter 711-1480. Reiche
- Kronen - Regionen. Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1993 Seite 132,138,150
-
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Ehlers Joachim/Müller Heribert/Schneidmüller
Bernd: Seite 195-201
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"Die französischen Könige des Mittelalters"
Thomas Zotz
PHILIPP III., DER KÜHNE, König von Frankreich
1270-1285
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* 3.4.1245, + 5.10.1285
Perpignan
Begraben: St-Denis
Vater:
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König Ludwig IX. der Heilige, König von Frankreich
Mutter:
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Maragrete von Provence, Tochter des Grafen Raimund Berengar
V. von Provence und der Beatrix von Savoyen
Beiname "der Kühne" bereits zu Beginn des 14. Jahrhunderts
König von Frankreich seit 25.8.1270 (Tod Ludwigs
des Heiligen in Karthago)
Krönung in Reims am 15.8.1271
1. oo 28.5.1262
ISABELLA VON ARAGON
* 1243,
+ 28.1.1271
Tochter der Königs Jakob I. von Aragon
2. oo 21.8.1274
MARIA VON BRABANT
* 1256, + 12.1.1321
Tochter Herzog Heinrichs III. von Brabant
Kinder:
---------
1. Ehe
Ludwig (Tronerbe, angeblich auf Anstiften Marias von Brabant
durch Gift beseitigt) [+ 1276]
Philipp IV. der Schöne, König von Frankreich
(* 1268, + 29.11.1314)
Karl Graf von Valois (* 12.3.1270, + 16.12.1325)
Robert
2. Ehe
--------
Ludwig Graf von Evreux (* 5.1276, + 19.5.1319)
Margarete (+ 14.2.1318), 2. Gemahlin König Eduards
I. von England
Blanca (* 1276/85, + 19.3.1305), Gemahlin Herzog Rudolfs
von Österreich
Der zweite Sohn Ludwigs des Heiligen
und
Margaretes
von Provence trug seinen Namen nach seinem Urgroßvater
König
Philipp II. Augustus; bereits mit 15 Jahren wurde er nach dem
Tod seines älteren Bruders Ludwig
im Jahre 1260 Thronerbe und galt von da an als Primogenitus. Als Ausstattung
erhielt Philipp unter anderem die waldreichen
Gebiete im Orleanais, und dieser Gegend an der mittleren Loire brachte
er zeit seines Lebens besondere Zuneigung entgegen; hier begann er 1271
mit dem Bau von Schlössern, so namentlich des Jagdschlosses Montargis.
Sein Vater ließ ihm wie auch dem ein Jahr älteren Bruder
Ludwig eine strenge Erziehung zuteil werden, und auf Bitten
Königin
Margaretes schrieb der mit dem französischen Königshof
eng verbundene Vinzenz von Beauvais für beide, vornehmlich aber für
Philipps
Erzieher, den Kleriker Simon, um 1250/52 das Werk "De eruditione regiorum
puerorum". Trotz dieser Unterweisung in litteris galt Philipp
später als wenig gebildet, andererseits verfügte er über
die ritterlichen Qualitäten großer Tapferkeit (daher wohl der
Beiname) und Courtoisie. 1262 feierte er in Clermont Hochzeit mit Isabella
von Aragon, womit das gute Einvernehmen zwischen den beiden
Königreichen sichtbar bestätigt wurde, und am Pfingstfest des
Jahres 1267 erlangte Philipp zusammen
mit vielen Adeligen des Regnum Francia in Paris die Ritterwürde. Selbst
ein Freund von Turnier und Jagd, erließ er als König 1280 in
der Tradition seines Vaters ein Turnierverbot für den Adel seines
Reiches. Die Zeitgenossen rühmten an ihm seine Leutseligkeit, die
ohne Anflug von Hochmut war, seine Freigebigkeit, die in mancher Augen
indes allzu weit ging, und seine nachgiebige Milde; diese wurde ihm allerdings
auch als Schwäche ausgelegt.
Kaum war Philipp
im Jahre 1260 für den Thron vorgesehen, entstand zwischen König
Ludwig und Königin Margarete
Dissens darüber, in wessen Händen die Lenkung des künftigen
Königs liegen solle. Während Margarete
selbst diese Rolle zu übernehmen beabsichtigte, entschied sich Ludwig
für Pierre de la Broce, den Sohn eines aus der Touraine stammenden
königlichen Amtmannes, der zum engen Vertrauten Philipps
wurde und im Jahre 1266 mit dem Amt des Chambellans eine der einflußreichsten
Positionen am Hof König Ludwigs erlangte.
Margarete
sah hier offenkundig Gefahr im Verzug und ließ sich von Philipp
um 1263 einen geheimen Eid leisten, mit dem er sich verpflichtete, bis
zu seinem 30. Lebensjahr unter ihrer Vormundschaft zu bleiben. Zwar sorgte
Ludwig bald für die Aufhebung dieses Eides durch Papst
Urban IV., doch bewegte auch ihn letztlich die Sorge um den rechten Weg
seines Sohnes, wie die Enseignements a son fils von 1270 erkennen lassen.
Hierin fordert er Philipp auf, seine
Mutter zu ehren und zu lieben und ihre guten Ratschläge zu befolgen.
Als Philipp zusammen
mit seiner Gemahlin Isabella den Vater
im Juli 1270 auf dessen zweitem, über Tunis führenden Kreuzzug
begleitete, wurde er durch Ludwigs IX. Tod
im Feldlager von Karthago am 15. August 1270 mit dem Nachfolgeproblem konfrontiert.
In dieser Situation erfuhr er Unterstützung durch seinen Onkel Karl
von Anjou, der unmittelbar nach dem Tod
König Ludwigs in Tunis eingetroffen war;
Philipp schloß auf Karls Rat
Frieden mit dem Sultan und kehrte in Begleitung Karls
über Italien nach Frankreich zurück. Er bestätigte noch
von Afrika aus die von seinem Vater eingesetzte Regentschaft des Abtes
Matthäus von St-Denis und des Bischofs Simon von Clermont; seine an
sie gerichtete Aufforderung, für die Verteidigung aller Grenzen des
Königreiches zu sorgen, kann als einer der frühesten Belege für
die Auffassung von der raumgreifenden Schutzverpflichtung des Königs
und seiner Amtsträger gelten. Matthäus von St-Denis blieb wichtigster
Berater und Geschäftsträger Philipps
III. während dessen gesamter 15-jähriger Regierungszeit.
Auf dem Rückweg mußte der Thronfolger einen
zweiten persönlichen Schmerz erleben, als seine Frau Isabella
Anfang 1271 infolge eines Reitunfalls in Cosenza verstarb. Nach der Ankunft
in Paris im Mai sorgte Philipp zunächst
für die Beisetzung seines Vaters, seiner Gemahlin und anderer, die
auf dem Kreuzzug gestorben waren, in der Kirche von St-Denis, dann beging
er am 15. August mit der Krönung in Reims den feierlichen Antritt
seiner Regierung. Wegen der Dedisvakanz in der Metropole ließ Philipp
die
Salbung durch den Bischof von Soissons vornehmen, als Schwertträger
diente sein Vetter Graf Robert von Artois.
In diesem Zusammenhang erwähnen die Quellen erstmals die Gewohnheit
der Könige Frankreichs, sich bei der Krönung die iocosa spata,
das Schwert KARLS DES GROSSEN, in Erinnerung
an diesen siegreichsten Princeps vorantragen zu lassen.
Zu den ersten Regierungsgeschäften des neuen Königs
gehörte die Bemühung um den umfangreichen Territorialbesitz seines
1271 kinderlos gestorbenen Onkels Alfons von Poitiers;
er bestand einerseits aus dem Poitou und der Auvergne als Kronlehen und
andererseits aus dem Toulousain und Agenais, der Grafschaft Rouergue und
dem seit 1229 zum Heiligen Stuhl gehörenden Venaissin aus dem Erbe
seines Schwiegervaters, Graf Raimund VII. von Toulouse. An der Frage der
Besitznachfolge, in welche auch König Eduard
I. von England und das Papsttum
involviert waren, entspann sich eine intensive und grundsätzliche
Auseinandersetzung zwischen Karl vonAnjou,
der als Bruder Alfons'
Ansprüche
erhob, und König Philipp mit seinen
Juristen, ein Streit, der sich bis 1284 hinzog; durch ihn wurde ein grundsätzlicher
und zukunftsweisender Diskurs über Königsnachfolge und genus
regium mit der alle Mitglieder auszeichnenden Deszendenz als Söhne
von Saint Louis und ihrer Benennung "von Frankreich" in Gang gebracht.
Während sich dieser Konflikt innerhalb der königlichen
Familie abspielte, erwuchs Philipp
im Grafen Roger Bernhard von Foix ein Gegner, der ihm Gelegenheit bot,
seine Kompetenz bei der Rechts- und Friedenswahrung unter Beweis zu stellen.
Als der Graf 1272 im Rahmen einer Adelsfehde eine königliche Burg
angegriffen hatte, bot Philipp ein
großes Heer auf und belagerte den Grafen in seinem Stammsitz. Dieser
mußte sich schließlich ergeben und geriet in Gefangenschaft,
wurde jedoch später ein mit königlicher Huld bedachter treuer
Gefolgsmann Philipps. Offenbar konnte
die Expedition gegen Foix dem neuen König als Testfall für das
Verhältnis von Zentralgewalt und Adel dienen: Etliche milites verweigerten
ihre Hilfe, was Philipp 1274 zu Strafmaßnahmen
gegen Adelige veranlaßte. Hierauf läßt sich wohl das Urteil
zeitgenössischer Beobachter beziehen, dass sich der König anfangs
der Ritterschaft gegenüber sehr grausam verhalten habe.
Mochte sich Philipp
innerhalb des Regnum Franciae mit solchen Taten Anerkennung verschaffen
und profilieren, so war seine Politik doch entscheidend durch andere Kräfte
geprägt, die ihn die von seinem Vater vorgezeichnete Linie nicht konsequent
weiterverfolgen ließen. Früh Witwer geworden, stand er zunächst
einerseits unter dem Einfluß seiner Mutter Margarete
von Provence, andererseits wurde er zum Mittel in der energischen
und weit ausgreifenden Politik seines Onkels Karl
von Anjou, der ihm bereits am Anfang seines Königtums in
N-Afrika zur Seite war. Da die beiden starken Persönlichkeiten vor
allem wegen Margaretes Wittum aber
einander feindlich gesinnt waren, geriet Philipp
in eine zwiespältige Lage. Im Jahre 1273 ließ er sich in der
Mittelmeerpolitik Karls als König
von Sizilien einspannen, als dieser versuchte, nach dem Tode des deutschen
Königs
RICHARD von Cornwall bei Papst Gregor X. die Thronkandidatur
seines Neffen zu betreiben. Allerdings rief Karl
wegen seiner auf Byzanz gerichteten Politik und der generellen Machtentfaltung
des französischen Hauses die Bedenken des um eine Kirchenunion bemühten
Papstes hervor. Zwar empfahl Karl seinen
Neffen als geeigneten Kandidaten, als einen für den Papst idealen,
da nicht an Italien interessierten künftigen Kaiser und als einen
durch seine Allianz mit sechs Königen (Kastilien, Aragon, Navarra,
England, Sizilien und Ungarn) besonders geeigneten Anführer der europäischen
Ritterschaft im geplanten Kreuzzug. Doch Gregor X. wußte wohl, wie
sehr Philipp ein Herrscher von Karls
Gnaden
sein würde, und glaubte, auch die deutschen Fürsten in dieser
Angelegenheit nicht übergehen zu können. Ende Juli wandte er
sich an sie mit der Aufforderung, binnen einer bestimmten Frist einen
König zu wählen, andernfalls er selbst für ein Oberhaupt
des Reiches sorgen würde. Sollte er dabei an
Philipp gedacht haben, so erledigte die Wahl des Grafen
Rudolf von Habsburg zum römischen König am 1. Oktober
1273 jegliche Ambition der französischen Seite. Die Initiative Karls
von Anjou bildete indes den Anfang einer Reihe von Kandidaturen
französischer Könige für den Thron des römischen Königs
bis zu Karl IV. dem Schönen (1324).
Philipp dürfte
von dieser Wende der Angelegenheit, die nicht er, sondern sein Onkel betrieben
hatte, weniger berührt worden sein, zumal er sich nach dem Wechsel
auf dem englischen Thron von Heinrich III.
zu Eduard I. (1272) Fragen des Verhältnisses
von Frankreich und England zuzuwenden hatte; die bei Hofe einflußreiche
Partei seiner Mutter Margarete, deren
Schwester Eleonore mit Heinrich
III. verheiratet war, orientierte sich ohnehin auf das englische
Königshaus. Im Vertrag von Amiens von 1279 fanden langwierige Verhandlungen
mit England ihren Abschluß, indem die englischen Ansprüche auf
das Agenais befriedigt wurden. Wirkte hier das Problem der Erbschaft Alfons'
von Toulose nach, so gilt dies auch für die Frage der Grafschaft
Venaissin, die 1274 auf dem Konzil von Lyon zwischen Papst Gregor X. und
Philipp
zugunsten
des Heiligen Stuhles verhandelt wurde. Die Anwesenheit des Papstes in der
zum Imperium gehörenden Stadt bot Philipp
Gelegenheit,
durch seine und seiner Ritterschaft Präsenz zu Ehren Gregors den Anspruch
Frankreichs auf dieses Gebiet zum Ausdruck zu bringen, das später
sein Sohn Philipp IV. dem Regnum Franciae
einverleiben sollte. Außerdem ließ sich der französische
König vom Papst für dessen Kreuzzugsplan gewinnen. 1275 leistete
Philipp
wie auch der römische König das Kreuzzugsversprechen, doch vereitelte
der Tod Gregors X. im Jahr 1276 das Vorhaben.
Das Jahr 1275 brachte mit der Wiederverheiratung des
Königs eine entscheidende Wende in der Regierungszeit Philipps III.
Die Hochzeit mit Maria von Brabant fand im August 1275 in Vincennes statt,
und am Fest Johannes' des Täufers wurde Maria in Anwesenheit der geistlichen
und weltlichen Großen fast ganz Frankreichs und auch einiger Fürsten
aus Deutschland in Paris durch die Hand des Reimser Erzbischofs feierlich
gekrönt und gesalbt. Allerdings wurde die Feierstimmung dadurch getrübt,
dass der Erzbischof von Sens öf-fentlich Klage führte, weil der
Reimser die Weihe der Königin unzulässig außerhalb seiner
Provinz vollzogen habe. Hiergegen argumentierte die königliche Seite,
dass die Kapelle des Königs zu Paris exemt sei.
Die Heirat Philipps mit Maria von Brabant veränderte
die Situation bei Hofe und damit auch die Politik des Königs. Mit
der Hofhaltung Marias brachte sich in glanzvollen, den Adel Europas zusammenführenden
Turnieren die ritterlich-höfische Kultur zur Geltung, voller Bewunderung
für den tapferen und siegreichen Karl von Anjou, der nun erneut Einfluß
auf Philipp gewann und die Partei der Königin-Mutter Margarete in
den Hintergrund drängte. Nicht minder wirkte sich die Macht Marias
bei Hofe auf die Stellung des Chambellan Pierre de la Broce. Er war inzwischen
zum Stein des Anstoßes für den Adel geworden, hatte sich mit
vielen Herrschaften bereichert, seine Töchter mit Adeligen verheiratet
und die eigene Familie und Klientel in einträgliche Positionen gebracht.
Erst Maria von Brabant widersetzte sich dieser Konstellation, und Pierre
de la Broce versuchte, den Einfluß Marias auszuschalten, indem er
auf sie den Verdacht lenkte, den im Jahre 1276 plötzlich verstorbenen
erstgeborenen Sohn des Königs namens Ludwig vergiftet zu haben, um
ihren eigenen Kindern das Recht auf Nachfolge zu verschaffen. Doch konnte
sich die Königin von dem Verdacht reinigen, und im Gegenzug erreichten
die Gegner von La Broce seinen Sturz; 1278 wurde er hingerichtet. Allerdings
blieb auch danach der Hof des Königs in mehrere Lager gespalten: die
Freunde Marias von Brabant in enger Verbundenheit mit Karl von Anjou, die
Freunde der Königin-Mutter Margarete, die Leute aus dem Hotel du roi.
Ab Mitte der 70-er Jahre begann Philipp eine aktive Außenpolitik
zu treiben, ließ sich allerdings auch auf diesem Feld letztlich von
seinem Onkel Karl beeinflussen. In unmittelbarer Nachbarschaft Frankreichs
kamen die Dinge in Bewegung, als im Juli 1274 König Heinrich III.
von Navarra starb und die unmündige Erb-Tochter Johanna unter der
Regentschaft seiner Witwe Blanca von Artois zurückließ. An dieser
territorialen Verfügungsmasse zeigten Kastilien wie Aragon Interesse,
so dass eine Verschiebung der Kräfteverhältnisse in Südwesteuropa
zu erwarten war, der Frankreich nicht tatenlos zusehen wollte. Auch hier
trat Karl von Anjou für Frankreich handelnd hervor und erreichte im
Vertrag von Orleans 1275, dass die Regentin Blanca von Artois die Vormundschaft
über ihre Tochter Johanna an König Philipp III. abtrat. Als im
Jahre 1284 der durch den Tod des erstgeborenen Sohnes Ludwig zum Thronerben
gewordene Sohn Philipp (IV. der Schöne) am Fest Mariä Himmelfahrt
in Paris zum Ritter promoviert und am Tag darauf mit Johanna von Navarra
verheiratet wurde, war der territoriale Zugewinn der französischen
Krone besiegelt.
Diesem Erfolg steht der große Autoritätsverlust
gegenüber, den Philipp III. der
französischen Monarchie dadurch zufügte, dass er das gute Einvernehmen
mit Aragon aufgab, wie es noch sein Vater durch die Heirat Philipps
mit Isabella bekrätigt hatte.
Im Frühjahr 1282 verlor Karl von Anjou
durch den Aufstand der Sizilianischen Vesper die Herrschaft über Sizilien
an König Peter III. von Aragon,
der über seine Frau Konstanze,
Tochter König Manfreds, staufisch
begründete Erbansprüche auf die Insel geltend machte. Philipp
III. empfand dies offensichtlich als Kränkung Frankreichs,
aber auch zahlreiche französische Adelige zogen nach Apulien, um Karl
von Anjou zu Hilfe zu kommen. Dieser hatte in dem aus Frankreich
stammenden und mit Karls Hilfe 1281
Papst gewordenen Martin IV. eine entscheidende Stütze. Noch 1282 verhängte
der Papst über Peter von Aragon
den Kirchenbann und verkündete Anfang 1283, der Krieg gegen
Peter und die Rebellen auf Sizilien wie gegen ihre Helfershelfer
gelte als Kreuzzug. Hierfür suchte Karl durch
einen fast einjährigen Aufenthalt in Frankreich seinen Neffen zu gewinnen
und ließ über den päpstlichen Legaten Johannes Cholet den
Thron Aragons für einen der Söhne Philipps
III. anbieten. Zwar mißbilligten viele Franzosen die Beteiligung
an einem solchen "Kreuzzug", darunter Abt Matthäus von St-Denis, und
es wurde geltend gemacht, dass Philipps Vater
niemals den päpstlichen Angriff auf einen weltlichen Fürsten
gutgeheißen hatte, auch der Thronerbe Philipp
der Schöne hielt als Sohn Isabellas
zu
seinem Onkel Peter von Aragon. Diese
Bedenken verstand Philipp indes zu
nutzen und veranlaßte die päpstliche Seite, von den Kirchen
Frankreichs einen mehrjährigen Zehnten abzufordern, der die Finanzierung
des Unternehmens erleichterte. Auf einer großen Reichsversammlung
in Paris im Februar 1284 nahm Philipp
das Angebot Papst Martins IV. für seinen jüngeren Sohn
Karl von Valois an, und dieser wurde durch den Kardinallegaten
mit dem Königreich Aragon und mit der Grafschaft Barcelona investiert.
Auf die Kreuzzugspredigt desselben Legaten hin ließ sich
Philipp mit dem Kreuz bezeichnen; viele Adelige wie Nichtadelige
folgten ihm dabei.
Damit wurde ein unglückliches, finanziell trotz
des Kreuzzugszehnten enorm kostspieliges Unternehmen der französischen
Krone eingeleitet, welches das Ende des Königs überschattete.
Obgleich Philipp in den ersten Monaten
des Jahres 1285 mit dem Tod Karls von Anjou
und Martins IV. seine zwei wichtigsten Stützen in diese Angelegenheit
verlor, setzte er die Vorbereitungen fort und eröffnete um Pfingsten
mit einem großen Heer den Angriff auf Katalonien. Nach der Durchquerung
des mit Frankreich verbündeten Roussillon begannen die Franzosen Ende
Juni die monatelange kräftezermürbende Belagerung von Gerona.
Als die Stadt am 7. September kapitulierte, waren die Angreifer durch die
aragonesische Flotte vom Nachschub bereits abgeschnitten, und das seuchengeschwächte
Heer mußte am 13. September den Rückzug antreten. Zuvor veranstaltete
Frankreich noch eine Krönungsfarce: Statt mit der Krone wurde Karl
mit
einem Kardinalshut zum König von Aragon gekrönt, was ihm den
Spitznamen "Roi du chapeau" einbrachte. König
Philipp III. erkrankte auf dem Rückweg und starb am 5.
Oktober 1285 im Perignan. Während seine Eingeweide in Narbonne
beigesetzt wurden, fanden die Gebeine des Königs ihre letzte Ruhe
in St-Denis neben dem Grab seines Vaters.
Schon bald nach seinem Tod erfuhr
Philipp eine negative Beurteilung wegen des Aragon-Kreuzugs,,
und sein Sohn und Nachfolger Philipp IV. der Schöne,
ohnehin dem Unternehmen abgeneigt, beendete den Krieg sofort. Seine kritische
Haltung gegenüber dem Vater scheint auch darin zum Ausdruck zu kommen,
dass er bei der Neuanordnung und -gestaltung der Königsgrablege in
St-Denis 1306 die Grabmäler der drei KAPETINGER
Philipp II. August, Ludwig VIII. und
Ludwig IX. in Gold und Silber ausführen ließ, während
das Monument Philipps III. aus bemalten
und verziertem Stein bestand. Auch im Urteil der Folgezeit, das letztlich
bis heute nachwirkt, hatte und hat Philipp III.
einen schweren Stand zwischen den berühmtesten französischen
Königen, seinem Vater Ludwig dem Heiligen
und seinem Sohn Philipp dem Schönen.
Der schon von den Zeitgenossen des öfteren als "fils de saint Louis"
apostrophierte König hat in der Tat vieles von dem gefährdet
und verspielt, was sein Vater politisch aufgebaut hatte, und ließ
sich allzu sehr zum Spielball der verschiedenen Interessengruppen am Hofe
und vor allem zum Werkzeug seines mächtigen Onkels Karl
von Anjou machen, der seinen Regierungsweg fast bis zuletzt
begleitete. Andererseits ist nicht zu verkennen, dass es
Philipp gelungen ist, die Krondomäne zu erweitern. Seine
Regierungszeit ist als "Wendepunkt der französischen Geschichte des
Mittelalters" (J. Ehlers) zu beschreiben, denn die Eigengesetzlichkeit
der Macht brachte sich erstmals deutlich zur Geltung, damit aber auch der
Ansatz zur Herausbildung der auf zentralisierter Verwaltung basierenden
modernen Staatlichkeit. Diese neuen Strukturen mit der Institution des
Königtums in Einklang zu bringen sollte Aufgabe der in der Folgezeit
einflußreichen Juristen werden.